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Interview mit Kim Sena von JBS Couros

Erfahren Sie, wie innovative Lederhersteller mit modernster Technologie die Herkunft von Rindern und Haut kontrollieren und zum Erfolg kommen können. Wie? Das erklären wir Ihnen in diesem Artikel. 

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Wer ist JBS Couros und welche Position haben Sie innerhalb des Unternehmens? 

JBS Couros ist das weltweit größte Unternehmen für Lederverarbeitung und produziert Wetblue-, Crust- und Fertigleder für die Bereiche Automobil, Möbel, Schuh und Lederwaren. Das Unternehmen, das für die Qualität seiner Produkte und sein nachhaltiges Handeln im Ledersektor weltbekannt ist, hat vor Kurzem innovative Lösungsansätze für die Lederbehandlung entwickelt, die sich als beste Alternative für nachhaltige und erneuerbare Materialien erwiesen haben. Zusammen mit meinen 7.000 Kollegen ist es meine Aufgabe, neue Lösungen zu entwickeln und zu erforschen, um dieses Material, ein Nebenprodukt der Fleischindustrie und Teil der Kreislaufwirtschaft, für die Bedürfnisse zukünftiger Generationen nutzbar zu machen. 

Warum ist Rückverfolgbarkeit für das Erreichen von Nachhaltigkeit in der Supply Chain so wichtig? 

Es gibt keine Möglichkeit, die Außenwirkungen eines bestimmten Produktionsprozesses richtig zu untersuchen, ohne die Folgen der verwendeten Rohstoffe im Vorfeld zu betrachten. Ein Unternehmen muss sicher sein, dass es strenge Verfahren für die Beschaffung von Materialien hat, die garantieren, dass es die Umwelt, die Gemeinden und die Menschen in seiner Umgebung respektiert. Gerade in diesem Sinne ist Rückverfolgbarkeit besonders wichtig. Es erlaubt ihnen, die Komponenten in ihrer Supply Chain richtig zu bewerten und zu verfolgen. So können sie sicher sein, dass die Produktionsprozesse ethisch und nachhaltig sind, und ein Unternehmen kann sich auf seine internen Prozesse konzentrieren und diese kontinuierlich effizienter gestalten. In diesem Zusammenhang erweist sich Rückverfolgbarkeit als eine Voraussetzung für den modernen Geschäftsverkehr und nicht als Trend. 

Inwiefern verbessert JBS360 die Nachhaltigkeit in der Lederindustrie? 

JBS360 ist ein modernes webbasiertes Tool zur Rückverfolgung von Rindern und Häuten. Mit diesem benutzerfreundlichen und offen zugänglichen Tool kann jedes Fertigleder bis zu den Landwirtschaftsbetrieben zurückverfolgen, von denen es stammt. Indem die Abläufe von Großbetrieben sichtbar gemacht werden, wird die Branche zu vollständiger Transparenz gezwungen. Obwohl das Unternehmen bereits vor über zehn Jahren Grundsätze für eine verantwortungsvolle Beschaffungspolitik eingeführt hat, geht es bei JBS360 darum, Kunden und Interessenvertretern aus der Branche die Möglichkeit zu geben, jedes einzelne Leder, das bei JBS Couros produziert wird, online und zu jeder Zeit zu verfolgen. Da sich mit JBS360 die Häute auch entlang des gesamten Produktionsprozesses verfolgen lassen, können die verschiedenen Fertigungsabläufe intern identifiziert und die Prozesseffizienz durch kontinuierliche Verbesserungen optimiert werden. 

Was waren einige der technischen Herausforderungen und welche Erfahrungen wurden bei der Einführung von JBS360 gemacht? 

Eine der größten Herausforderungen war die Zusammenstellung und Strukturierung mehrere Datenbanken entlang der gesamten Supply Chain, von den Landwirtschaftsbetrieben über die Produktion bis hin zum Fertigleder. In Anbetracht der Größe der Datenbank erwies sich die Herstellung einer fehlerfreien Verbindung zwischen den unterschiedlichen Rückverfolgbarkeitscodes und den damit verbundenen Daten als besonders schwierig. Es war jedoch entscheidend, allen Akteuren der Supply Chain ein stabiles und zuverlässiges Tool zur Verfügung zu stellen.  

Welche Kennzahlen ziehen Sie zum Messen der Performance Ihrer Rückverfolgbarkeitsinitiative heran? 

Das JBS360 zugrundeliegende System zur Verfolgung der nachhaltigen Rinderbeschaffung stützt sich auf Satellitenbilder und georeferenzierte Daten, um jeden Viehbetrieb in Amazonien, der das Unternehmen beliefert, zu erfassen und zu bewerten. Jeden Tag werden somit über 50.000 potenzielle Viehbetriebe und ein Gebiet von 450.000 km² beurteilt – eine Fläche größer als Deutschland  (357.000 km²). Die Hauptkennzahl wird im Rahmen eines regelmäßig durchgeführten Audits zur Überprüfung der Durchsetzung der Prozesse gewonnen. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Sozial- und Umweltkriterien erfüllt werden. Wir nehmen diese Kennzahl sehr ernst, weil sie uns Aufschluss darüber gibt, wie weit wir von der Erfüllung unserer eingegangenen Verpflichtungen hinsichtlich der Gemeinden und Lebensräume sind. 

In den vergangenen sechs Jahren haben die von den führenden Wirtschaftsprüfungsunternehmen DNV-GL und BDO durchgeführten Audits eine Einhaltung der Standards von insgesamt 99,9 % gezeigt. Im Jahr 2019 erfüllten 100 % der Produkte, die direkt eingekauft wurden, unsere sozial-ökologischen Kriterien. Die Ergebnisse dieser Audits werden auf der JBS-Website veröffentlicht. 

Was ist Ihrer Meinung nach das Haupthindernis für eine breitere Akzeptanz von Nachhaltigkeitsmaßnahmen innerhalb der Supply Chain? 

Die größte Herausforderung ist mit den Daten verbunden. Zuerst muss man sicherstellen, dass alle notwendigen Daten zur Verfügung stehen, um die gesamte Supply Chain verfolgen zu können. Das ist der schwierigste Schritt. Daher geht die andauernde digitale Transformation der Gerbereien in die richtige Richtung. Das ist vielleicht sogar die einzige nachhaltige Transformation der modernen Welt. Die verfügbaren Daten zu verarbeiten und die notwendigen Informationen zu extrahieren, um zu wertvollen Erkenntnissen zu gelangen, ist zudem etwas, das unternehmerisches Wissen und spezifische Fähigkeiten erfordert, was wiederum Planung voraussetzt. Der Weg ist endlos, aber schnell genug zu sein, muss das Ziel sein, wenn wir mit den ernsten und beispiellosen Umweltfragen konfrontiert sind, die wir jetzt erleben. Im Übrigen sind Daten dabei der beste Verbündete. Sie ermöglichen uns das Erreichen eines unterschiedlichen Verständnisses in Bezug auf unsere externen Einflüsse und welchen Weg wir einschlagen müssen, um uns zu verbessern. 

Eine weitere Grundvoraussetzung für einen echten nachhaltigen Wandel der Supply Chain ist die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessengruppen. Kein einzelner Marktteilnehmer kann allein für Veränderungen sorgen. Zumindest nicht in dem erforderlichen Tempo. Durch Zusammenarbeit wird die Flexibilität erhöht und der Erfolg von Maßnahmen gefördert. Aus unserer Sicht hat sich dieser Ansatz bei der Bereitstellung unserer Kind Leather Nachhaltigkeitsplattform als erfolgreich erwiesen. Ziel dieser Plattform ist die Herbeiführung von Veränderungen durch Zusammenarbeit entlang der gesamten Supply Chain. Die Philosophie von Kind Leather besteht genau aus dieser Überzeugung: Wenn ein Material wirklich nachhaltig sein soll, muss seine Verarbeitung die gesamte Produktionskette mit in Betracht gezogen werden. Deshalb haben wir der Industrie eine umweltfreundlichere Lösung vorgestellt: Wir entfernen zu Beginn des Prozesses die Teile des Leders, die kaum von Nutzen sind. Dieses Material kann an andere Industrien, wie die Pharma- und Lebensmittelindustrie, weitergegeben werden, wodurch Abfall in Rohstoffe umgewandelt wird und ein wesentlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette geleistet wird.  Kind Leather ist in dieser Hinsicht ein erfolgreiches Beispiel für den Umweltschutz, aber unter dem Strich ist jede andere umfassende Prüfung von Supply Chainn in der Regel wirkungsvoller als isolierte Maßnahmen. 

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